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Ein unvorsichtiger Geissbub

Aktualisiert: 2. Feb. 2023


„Die Kante eines Steins entscheidet, ob ein Quell hinabfliesse in das ewige blaue Thyrrhenische Meer oder mitternachtswärts in die Nordsee. Ein Geissbub, der seinen Durst am Gletscherbach kühlt, fängt vielleicht in seinem Hut - vergleichbar einem Riesenkind der Vorzeit - die ganze junge Rhone ein und bringt, wenn er den Rest des Wassers verschüttet, den jungen Rhein zum Überfluten.“ (in Eduard Renner. Goldener Ring über Uri. 5. Auflage, 2016. S. 119). Ich habe in den letzten Tag wieder einmal im Goldenen Ring aus dem Jahr 1941 über Uri gelesen. Diese Geschichte berührt. Die Unvorsichtigkeit im Umgang mit der kostbaren Natur, kann zu Schlimmen führen, Überschwemmungen, Steinschlag, Bergsturz oder Lawinen können schönste Alpweiden in Steinwüsten verwandeln. Viele Urner Sagen handeln davon, dass ein Frevel blühende Wiesen einer reichen Alp zum starren Gletscher wandeln oder Gletscher zum Schwinden bringen können (vgl. Renner: 93). Dass mir dieses auch viel über den Zugang zur Natur erzählen kann ist das Eine. Was ich damit aber ansprechen möchte, ist, dass jedes politische System eingebettet ist in einem bestimmten Orientierungsmuster für das politische Handeln. Gabriel A. Almond nannte diesen Sachverhalt „politische Kultur“ Gabriel A. Almond (in: “Comparative Political Systems”, 1956). Politische Kultur meint also nicht die Umgangsformen der Volksvertreterinnen und Volksvertreterinnen untereinander, sondern eben dieser grosse Unterbau, der von Generationen zu Generationen weitergetragen wird. Die Geschichte des Geissbubs ist für Uri nur ein kleiner Teil davon. Auch prägend war und ist für die Urnerinnen und Urner der Gotthardpassverkehr und ich zitiere noch einmal Eduard Renner: „Ich grüsse euch alle, die ihr an den alten Passwegen wohnt, ihr Nachfahren der Säumer, Viehändler, Postillione und Wirte! Ihr unruhiges Volk…wisst ihr um den Gratzug, um die lange Reihe von kleinen Flammen, die in heiligen Nächten passwärts ziehen, genau den alten Pfaden folgend? Viele meinen, es seien die Geister alten Goten, andere wieder, es seien arme Seelen. Ich aber glaube, es seien die Sehnsüchte, eure und meine, die nach Süden irrlichtern…“. Die Politische Kultur in ihrer Ganzheit zu fassen, ist schwierig, aber die genannten Geschichten, mögen eine Erklärung sein, warum wir halt manchmal anders sind als die übrigen Schweizerinnen und Schweizer. Wie schön ist das - diese Vielfalt unseres Landes. und solche Geschichten helfen, einander zu verstehen, z. B. auch Wirtschaft und Politik. www.urimpuls.ch





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